Schwestern

Die Novelle setzt mit einem Rückblick auf die Kindheit der beiden Schwestern Tricia und Carmel ein, die, gerade den Verlust der Mutter beweinend, vom Vater, der ein Trinker, Weiberheld und - wie der Leser später noch erfährt - Kinderschänder ist, Schwestern in Obhut genommen werden. Tricia entwickelt sich zu einer lebenslustigen, selbstbewussten Frau, die ihr Leben in die Hand nimmt. Sie vertraut ausschließlich ihrer eigenen Stärke und trotzt als alleinerziehende Mutter vielen Widrigkeiten. Für die Lebensweise ihrer Schwester Carmel, die die Antwort auf die Frage nach dem Leben in der Spiritualität eines Klosters sucht, hat Tricia nur leisen Spott, jedoch nicht ohne liebevolle Zuneigung, übrig. Diese jedoch ist die erste Anlaufstelle, als Carmel aus menschlicher Enttäuschung und Abscheu ihren Orden verlässt. Eitelkeiten und weltlicher Ehrgeiz bleiben der bescheidenen Frau jedoch fern. Ihr Weg führt sie in die Ehe mit einem verwitweten Verwandten, bevor sie gerade von den ihr am nächsten stehenden Menschen betrogen und zutiefst enttäuscht wird. - Der Umgang mit der Schuld wird ebenso undramatisch erzählt wie die ganze "unerhörte Begebenheit", wodurch aber gerade die Eindrücklichkeit erhöht wird, da diese den Köpfen ihrer Leser überlassen bleibt. McCabe setzt Stil und Sprache so klar und unverschnörkelt ein, dass keine Frage, kein Erkennen in der Rhetorik von Literatur steckenbleibt. Der Autor siedelt seine Erzählung in Nordirland an, das vom Krieg und dem schwindenden Vertrauen in Glauben und Kirche gebeutelt wird. Diese historische Schablone vertieft die Botschaft der beeindruckend erzählten Novelle. Eine kurze Geschichte, die lange wirken wird. (Übers.: Hans-Christian Oeser)

Christine Vornehm

Christine Vornehm

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Schwestern

Schwestern

Eugene McCabe
Steidl (2014)

136 S.
fest geb.

MedienNr.: 397509
ISBN 978-3-86930-752-7
9783869307527
ca. 16,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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