Der Idiot des 21. Jahrhunderts

In der Nähe von Frankfurt erzählt sich eine Gruppe von Freunden aus ihrem Leben. In jeder dieser Geschichten spielen verschiedene Lebenswelten eine Rolle. Diese finden sich in unterschiedlichen Herkunftsländern eines Paares wieder, die im Spannungsfeld Der Idiot des 21. Jahrhunderts des Nahen Ostens und Deutschlands Krieg und Leid trennt, oder in gesellschaftlichen Räumen, die eine junge Künstlerin veranlassen, ihre Heimat zu verlassen. Die Aktualität der Ereignisse knüpft an die Geschichte Deutschlands und schlägt den Bogen zu antiken Mythen. Kleeberg will individuelle Schicksale in das Ganze der Welt einordnen und sie damit erklären. Doch es bleibt nicht bei der Bestandsaufnahme. Gedankenspiele bieten Lösungen an, indem Fragen gestellt werden, wie diese Welt eben auch beschaffen sein könnte. Auch gestalterisch hebt der Autor hier ab und entfernt sich von der Sprache eines radikalen Realismus. Damit wird der umfangreiche Roman zu einem utopistischen Werk, das den Leser zum Philosophieren über Möglichkeiten und Imaginationen anregt. Dafür macht sich Kleeberg einen akademischen Ton zunutze, ohne lehrmeisterlich zu sein. Gar nicht versteckt lehnt er sich strukturell an Goethes Diwan und hat für literarische Spurensucher bis ins 20. Jh. einiges zu bieten. Für literarisch und politisch interessierte Leser. Herausragend.

Christine Vornehm

Christine Vornehm

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der Idiot des 21. Jahrhunderts

Der Idiot des 21. Jahrhunderts

versammelt von Michael Kleeberg
Galiani Berlin (2018)

457 S.
fest geb.

MedienNr.: 594458
ISBN 978-3-86971-139-3
9783869711393
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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