Rimaud und die Dinge des Herzens
Charly stammt aus Mali, ist in Frankreich geboren, zehn Jahre alt und lebt mit seinem älteren Bruder und der Mutter in einer französischen Vorstadt. Der Vater hat die Mutter schon vor Jahren verlassen und jeglichen Kontakt seitdem verweigert. Eines Tages bricht die Polizei in Charlys Leben ein und nimmt seine Mutter als Illegale fest. Die Geschichte schildert fortan Charlys Suche nach seiner Mutter. Das Hörbuch lässt den Hörer teilhaben an Charlys Gedanken, Zweifeln, Ängsten, Hoffnungen und Träumen. Sein Lebensschicksal zwingt ihm trotz seines jungen Alters schon früh Erwachsenenverhalten ab. Trotz der Härte und Schonungslosigkeit ist der Blick und die Sprache Samuel Benchetrits auf diese Wirklichkeit der Vorstädte poetisch, voller warmer Zuneigung und Herzlichkeit. Etwa die Darstellung von Charlys Bruder Henri. Hinter dem kaputten Junkie lässt der Autor mehrmals den hochbegabten, sensiblen und liebenden Bruder durchblicken. Der positive Gipfel der Vorstadtpoesie ist der Dialog Charlys mit seinem Bruder, nachdem er ihn wiedergefunden hat, ebenso wie das Gespräch mit Herrn Roland ganz am Schluss, als dieser seine Frau zu Bett bringt. Benchetrit erzählt die Geschichte mit parteiischer Sympathie für seine stereotypen Charaktere. Charly, Henri, sein Schwarm Mélanie, Flic-Flac, Brice und all die anderen führen dem Hörer ein Stück französischer Alltagsrealität und ungelöster sozialer Probleme vor Augen. Der harten Welt der Französischen Banlieues gehört Benchetrits Sympathie.
Karsten Steil-Wilke
rezensiert für den Borromäusverein.
Rimaud und die Dinge des Herzens
Samuel Benchetrit. Gelesen von Leonard Hohm
Steinbach (2011)
Steinbach sprechende Bücher
4 CDs
CD