Die drei Schwestern
In Jung Changs Buch über das Leben der Geschwister Soong und Chinas Weg ins 21. Jh. werden manche Personen und Ereignisse anders dargestellt, als man sie aus herkömmlichen historischen Berichten kennt. Bevor die Autorin auf die Schicksale der drei Schwestern näher eingeht, befasst sie sich zunächst ausführlich mit Sun Yat-sen. Dabei wird dieser, der in China als Vater der Republik gilt, in einem recht schlechten Licht gezeigt. So werden ihm z.B. einige Verbrechen unterstellt, was in anderen geschichtlichen Quellen nicht der Fall ist. Eine ähnliche Abneigung hegt die Autorin für Chiang Kai-shek, der für sie ein machtgieriger und unfähiger Diktator ist. Auch bei der Beschreibung der drei Schwestern ist Jung Chang nicht ganz objektiv. Ei-ling, die älteste und intelligenteste, wird als liebenswert und sehr korrekt beschrieben, obwohl ihrer Familie während des Zweiten Weltkriegs Korruption vorgeworfen wird. Für die mittlere Schwester Ching-ling (die Rote Schwester) empfindet sie nicht viel Sympathie. Diese war zunächst mit Sun Yat-sen verheiratet. Nach dessen Tod 1925 orientierte sie sich am russischen Kommunismus und wurde zuletzt stellvertretende Vorsitzende unter Mao. Die jüngste Schwester May-ling wird dagegen sehr positiv dargestellt. Sie war lange Zeit mit Chiang Kai-shek verheiratet und genoss schon in den 30er Jahren großes Ansehen bei Freunden und Politikern und ebenso später als First Lady in Taiwan. Vor allem ihr guter Einfluss auf Chiang wird ihr hoch angerechnet. - Trotz einer gewissen Bevorzugung einiger der Protagonisten ist das Buch interessant, spannend und durchaus aufschlussreich. Jung Chang schildert sehr lebendig die fröhlichen Zeiten, die die Geschwister zusammen erlebten. Sie berichtet aber auch bewegend über die schweren Schicksalsschläge, die ihnen widerfahren sind. Für größere Bestände.
Edith Schipper
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die drei Schwestern
Jung Chang ; aus dem Englischen von Helmut Dierlamm und Norbert Juraschitz
Blessing (2020)
520, [32] Seiten : Illustrationen (teilweise farbig)
fest geb.