Stalins Kühe

Annas Vater ist Finne, Annas Mutter Estin. Estinnen werden in Finnland als "russische Huren" verachtet, auch Annas Mutter Katariina kämpft gegen dieses Vorurteil. Sie lehrt ihre Tochter von Anfang an, die estnischen Wurzeln zu verleugnen. Andererseits Stalins Kühe erwartet Katariinas estnische Familie fortwährend wirtschaftliche Unterstützung. Hilflos in diesem Zwiespalt gefangen, entwickelt Anna eine Bulimie, denn nur über ihren Körper hat das Mädchen Kontrolle. Die Geschichte wird aus der Sicht von Mutter und Tochter erzählt und spielt auf mehreren zeitlichen Ebenen. Die Wurzeln von Katariinas Familiengeschichte reichen bis weit in die Vergangenheit und führen letztlich dazu, dass Annas Leben zwischen Fressen, Kotzen und Dauerhungern stattfindet. Anna Thalbach erzählt Annas Sicht und gibt den Gefühlen, die die junge Frau umtreiben, Konturen und Begreifbarkeit. Katharina Thalbach erzählt aus dem Blickwinkel der Familie Katariinas, die Opfer und Täter in den Wirren der politischen Umstände in Estland und Finnland wurde. Die Szenen werden manchmal geradezu beängstigend klar und deutlich geschildert. So berichtet z.B. die Hauptdarstellerin, mit welcher Präzision sie einen Abend des hemmungslosen Essens vorbereitet. Welche Lebensmittel gut und leicht zu erbrechen sind und wie lange sie hungern muss, um sich einen solchen Abend leisten zu können. Dabei bleibt die Sprache immer distanziert und gewinnt deshalb an Eindrücklichkeit. Das Hörbuch ist sehr empfehlenswert, kann und sollte auch für Gesprächskreise eingesetzt werden.

Leoni Heister

Leoni Heister

rezensiert für den Borromäusverein.

Stalins Kühe

Stalins Kühe

Sofi Oksanen. Gelesen von Anna Thalbach ...
Hörbuch Hamburg (2012)

6 CD (ca. 449 Min.)
CD

MedienNr.: 572829
ISBN 978-3-89903-391-5
9783899033915
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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