Chagall in Russland
Marc Chagall, ein junger, lebensuntüchtiger Maler, möchte nichts anderes, als mit seiner großen Liebe eine Familie gründen. Der Vater der Braut ist dagegen, weil er sich einen tüchtigen Schwiegersohn wünscht. Chagall macht sich auf den Weg, um den Rabbi um Rat zu fragen. Nur eine kurze Lebensphase des Malers beleuchtet diese Graphic Novel und doch spannt sie einen weiten Bogen bis zu seinem Aufenthalt in Paris. Denn welche Gestalten Chagall auch kennenlernt, welchen chassidischen Traditionen er begegnet - all seine Erfahrungen und Motive des jüdischen Schtetls fließen fortan und sein Leben lang in seine Bilderwelt ein: das fliegende Liebespaar, der Golem, der Soldat mit der Geige - sie alle bevölkern Chagalls malerischen Kosmos. Für den Zeichner Sfar ist dieser eine Schatztruhe, die er mit seinem bekannten nervösen und doch so präzisen Zeichenduktus zu heben weiß. Als Leser und Betrachter verliert man sich in den Skurrilitäten dieser wirren, seltsamen, blutigen und romantischen Szenenbilder, man verliert den roten Faden der Geschichte und genießt die Traumwelten des großen Surrealisten, dem hier von seinem Zeichenkollegen gehuldigt wird.
Dominique Moldehn
rezensiert für den Borromäusverein.
Chagall in Russland
Joann Sfar
Avant-Verl. (2012)
122 S. : überw. Ill. (farb.)
kt.