Mein tolles Leben mit Hitler, Stalin und Havel
"War so mein Leben?", fragt Kohout, übersetzt man den Originaltitel wörtlich. Eine berechtigte Frage, besieht man die einschneidenden Ereignisse genauer. Kohout spart nicht mit kritischen Worten, über Zeitgenossen, aber vor allem über sich selbst. Intensiv setzt er sich damit auseinander, weshalb er Ende der 40er Jahre zum glühenden Kommunisten wurde, was seine Einstellung ins Wanken brachte und explizit, wie er nach dem Prager Frühling sich vollständig abkehrte, dafür aber von linken Autoren in Westeuropa verachtet wurde. Ausdrücklich erklärt er, dass ihn sein Lebenslauf Abstand nehmen ließ, nach der Wende ein politisches Amt zu übernehmen. Geboren in Polen, wächst Kohout im Prag des Protektorats auf und erlebt aus nächster Nähe den tschechischen Widerstand. Klare Worte findet er für die Zeit unmittelbar nach Kriegsende. Ihn führte seine sprecherische Begabung zu Rundfunk und Theater, eine Karriere, die er auch als Soldat fortsetzen kann. Als Autor erlangt er ersten Ruhm. Mit einer gewissen Skepsis blickt er auf den Prager Frühling zurück und mit großer Enttäuschung auf die Zeit danach unter Präsident Husak. Seinen zwangsweisen Weg ins österreichische Exil beschreibt er akribisch, ebenso die Versuche, den Kontakt zur Schriftstellerszene und zu den Unterzeichnern der Charta 77 zu halten. Viel Raum gibt er seiner Familie, den Freunden, allen voran Vaclav Havel, sowie Theaterleuten und Schauspielern. Die meisten Erlebnisse hat er in seinen Memoiren-Romanen literarisch verarbeitet. - Gerade durch die subjektive Perspektive, die Ereignisse immer wieder rückblickend filtert und neu zuordnet, empfiehlt sich die Autobiografie nicht nur Theater- und Literaturfans, sondern auch an der Geschichte unseres Nachbarlandes Interessierten.
Pauline Lindner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Mein tolles Leben mit Hitler, Stalin und Havel
Pavel Kohout
Osburg (2010)
564 S. : Ill.
fest geb.