Warum ich nein zur Organspende gesagt habe
Nach dem neuen Transplantationsgesetz von 2012 wird zukünftig jeder von uns regelmäßig darüber befragt werden, ob er im Fall seines (Hirn-)Todes als Organspender zur Verfügung stehen würde. Der Philosoph und Theologe Thomas Schumacher hat seinen Entscheidungsprozess zu dieser Frage in einem sehr aufschlussreichen Buch zusammengefasst, das seinen Leserinnen und Lesern als informative Entscheidungshilfe dienen kann. Anders als die Erwähnung des "Ich" im Titel vermuten lassen könnte, geht es dabei aber keineswegs nur um letztlich subjektiv bleibende, sondern sehr wohl um allgemeine Gültigkeit beanspruchende rationale Entscheidungsgründe. Die sehr differenzierte und dennoch sehr anschauliche Argumentation beleuchtet zunächst die biologisch-medizinischen Fakten, um diese dann aus ethischer Sicht zu bewerten. Kurz gesagt kommt der Autor zum Schluss, dass ein komplexer lebendiger Organismus nicht nach einem mechanistischen Ansatz als bloß funktionales Zusammenwirken einzelner austauschbarer Teile begriffen werden kann - ein Todesbegriff, der nur ein einziges Organ betrachtet, ist darum unzureichend, ein hirntoter Mensch zwar als (gewiss unwiderruflich) Sterbender, aber eben noch nicht als Leichnam zu betrachten. Aus ethischer Sicht folgt daraus das eindeutige Urteil: "Das abwägende Kalkül, durch die Maßnahme einer Organtransplantation den Nutzen eines Kranken zu mehren, ohne dem Organspender Schaden zuzufügen, geht nicht auf" (S. 176). Der Autor hat deshalb die Entscheidung getroffen, für Organtransplantationen nicht zur Verfügung zu stehen - weder als möglicher Spender noch als möglicher Empfänger. Lebendspenden (von paarweise vorhandenen Nieren) sind von dieser Argumentation natürlich nicht betroffen. - In jedem Fall kann dieses Buch als ebenso aktuelle wie nachhaltige Diskussionsgrundlage sehr empfohlen werden.
Thomas Steinherr
rezensiert für den Borromäusverein.
Warum ich nein zur Organspende gesagt habe
Thomas Schumacher
Pneuma (2013)
184 S.
kt.