Revolution ist keine Dinnerparty
Der bereits 2007 auf Englisch erschienene autobiografische Roman spielt in China zwischen 1972 und 1976, als Maos Kulturrevolution zwar offiziell beendet, doch die politische Situation weiter angespannt war. Die neunjährige Ling wächst in einem westlich orientierten Haushalt auf, beide Eltern sind Ärzte. Sie erzählt die sich zuspitzenden Ereignisse aus ihrer kindlichen Perspektive. Es beginnt mit dem Tag, als Genosse Li, ein Gefolgsmann Maos, im Arbeitszimmer ihres Vaters einquartiert wird. Die kleine Ling tritt mit ihm in einen Tauschhandel von Origamitieren gegen Lebensmittel ein. Doch schleichend nimmt das Unheil seinen Lauf. Wer sich dem Einheitsblau der Mao-Anzüge widersetzt, wird als konterrevolutionär verunglimpft. Als eine Horde Rotgardisten ein Tribunal gegen Nachbarin Wong abhalten will, kann Lings Vater zwar eine erste Demütigung abwenden, doch bald richtet sich der Apparat auch gegen seine Familie. Nach und nach versteht Ling, was passiert, und beginnt Verantwortung zu übernehmen. - Der spannend erzählte Roman bringt jugendlichen wie erwachsenen Lesern eine einschneidende Epoche näher. Die Parallelen zur Nazizeit sind nicht zu übersehen, wie nämlich das Denunziantentum aus Freunden Feinde macht. Auch in der heutigen Zeit scheint eine gewisse Wachsamkeit geboten zu sein. - Gerne allen Beständen empfohlen. (Übers.: Nicola T. Stuart)
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Revolution ist keine Dinnerparty
Ying Chang Compestine
Jacoby & Stuart (2018)
255 S.
fest geb.