Der Duft von Eis

Ryoko lebt seit einem Jahr mit Ruki zusammen, der eine Ausbildung zum Parfümeur macht. Er überreicht ihr seine Kreation "Duft der Erinnerung", ehe er am folgenden Tag Selbstmord begeht. Bei der Beerdigung lernt Ryoko seinen Bruder kennen, der ihr Der Duft von Eis ganz Anderes über Ruki erzählt, als sie von ihm wusste: Er war als Jugendlicher ein hochbegabter Mathematiker, der zahlreiche Wettbewerbe gewann, bis auf einen in Prag, den er vorzeitig verließ. Bald darauf verließ er sein Elternhaus mit unbekanntem Ziel. Prag scheint ihr das Schlüsselerlebnis sein, weshalb sie dorthin reist und in eine surreale Welt eintaucht. Das Buch beginnt mit der Ankunft in der tschechischen Hauptstadt. Während der Spurensuche nach dem damaligen Mathematik-Wettbewerb rekapituliert Ryoko, was sie über ihren toten Geliebten weiß. Er scheint sein ganzes Leben lang auf der Suche nach dem Absoluten, der letzten Wahrheit gewesen zu sein und hat nach jeder Sackgasse sein Leben völlig umgekrempelt, einschließlich der eigenen Vita. - Der Roman macht Europäern zum Teil verständlich, weshalb Wettbewerb auf allen Gebieten in der japanischen Bildungskultur einen so hohen Stellenwert einnimmt. Hierfür steht besonders Rukis Mutter, die seine errungenen Pokale wie Schätze pflegt und ausstellt. Gescheitert ist der Protagonist vermutlich an den eigenen Ansprüchen an sich selbst. Das Buch hat viele sinnliche Momente, wenn es um die Macht von Düften geht, vom persönlichen Parfüm bis zu Duftnebeln in Museen. Eine etwas andere Perspektive auf Lebensentwürfe, nicht zuletzt geprägt durch eine uns im Kern fremde Kultur.

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der Duft von Eis

Der Duft von Eis

Yoko Ogawa ; aus dem Japanischen von Sabine Mangold
Liebeskind (2022)

262 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 750832
ISBN 978-3-95438-150-0
9783954381500
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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