Jäger und Sammler
In seinem Comicroman folgt Zeichner und Autor Cyril Pendrosa keiner stringenten Handlung. Vielmehr greift er Momente aus dem Leben verschiedener Charaktere heraus, deren Wege sich kreuzen, und verfolgt sie im Wandel der Jahreszeiten. In einem luxuriösen Küstenappartement lebt etwa Kieferorthopäde Vincent von seiner Frau getrennt. Gelegentlich legt sich der überzeugte Atheist mit seinem Bruder an, einem Priester, den er nur selten sieht. Konflikte entstehen mit seiner pubertierenden Tochter Pauline, die auf einem Schulausflug mit einem Klassenkameraden anbändelt. Rentner Louis lehnt es ab, sich von seinen früheren Aktivistenkollegen einspannen zu lassen. Seine Ex-Liebe Catherine, inzwischen zur Staatssekretärin aufgestiegen, taucht nur an einer Stelle bei einem Lokaltermin auf, ist aber in Gesprächen stets präsent. Zusammengehalten werden die parallel erzählen Miniaturen durch eine Fotografin, die immer wieder Momentaufnahmen einfängt. Als Einleitung der vier Kapitel dienen Pantomimengeschichten um einen Steinzeitjungen, auf den Archäologiefunde zum Ende zurück führen. Pendrosa schuf ein Vexierspiel über Leben, Liebe, Tod, Freundschaft, Loslassen und besonders das Sammeln - von Kunstwerken, Objekten oder schlicht Erinnerungen. Die teils monochrome, der jeweiligen Situation angepasste Kolorierung erinnert an Aquarellmalerei. Prosapassagen aus Virginia Woolfs "Die Wellen" huldigen dem Vorbild dieses facettenreichen Projekts.
Gregor Ries
rezensiert für den Borromäusverein.
Jäger und Sammler
Cyril Pedrosa
Reprodukt (2016)
330 S. : überw. Ill. (überw. farb.)
fest geb.