Nadel und Folie
Luka Lenzin arbeitete als Hilfskraft in der Hamburger Drogenberatung und ließ sich von den Erlebnissen zu einer Graphic Novel unter Verzicht auf eine gradlinige Handlung inspirieren. Stärker greift Lenzin alltägliche Momente wie emotionale Ausbrüche der Süchtigen, Konflikte mit der Polizei oder die Terminvergabe im Druck- und Rauchraum auf. Dazu wird auf die historische Entwicklung wie den Opiumkrieg im 19. Jh. und den Umgang mit Drogen in Deutschland eingegangen. Unter anderem reißt Lenzin das Schicksal eines muslimischen Immigranten aus Sri Lanka an, der als Gelegenheitsdealer selbst süchtig wurde. Die Kritik an Staat und Justiz, die Abhängige zu Kriminellen abstempeln, wird deutlich. Grafisch greift Lenzin die Mittel des in schwarz-weiß gehaltenen Tiercomics auf, was die sachliche Darstellung ideal unterstützt. Zwischen Alltagssprache sowie wissenschaftlichen, philosophischen und juristischen Anmerkungen erweist sich der diskussionswerte Band als keine einfache Lektüre.
Gregor Ries
rezensiert für den Borromäusverein.
Nadel und Folie
Luka Lenzin
Reprodukt (2022)
165 Seiten
kt.