Philosophia
1920 zieht es den Georgier Iliazd nach Paris. Auf dem Weg dorthin strandet er in Konstantinopel, wo der junge Müßiggänger ein Jahr verbringt. Im Schatten der Besetzung durch Frankreich und Großbritannien wird er in politische Intrigen verwickelt, in deren Mittelpunkt immer wieder die Hagia Sophia steht. Zu dieser Zeit agieren verschiedene Kräfte in der Stadt. Da sind die Anhänger der türkischen Befreiungsbewegung unter Atatürk, dann der verarmte russische Adel, der vor dem Bürgerkrieg ins Osmanische Reich geflohen ist, und die zurückgeschlagene Weiße Armee. Die Türken wollen die Hagia Sophia weiterhin als Moschee nutzen, während die Angehörigen der Weißen Armee sie wieder als christliche-othodoxe Kirche nutzen möchten und bereit sind, das auch mit Waffengewalt durchzusetzen. Iliazd wird durch aberwitzige Verschwörungstheorien hin- und hergetrieben und gerät in allerlei seltsame und gefährliche Situationen. Vor allem der undurchsichtige Blauerblau, der immer wieder unter verschiedenen Namen und Gesinnungen auftaucht, scheint eine Schlüsselrolle einzunehmen. - Im Nachwort stellt Régis Gayraud, Professor für russische Literatur, den georgischen Schriftsteller und Typografen Ilja Zdanevic (1894-1975) vor, der unter dem Pseudonym Iliazd diesem Roman Anfang der dreißiger Jahre verfasst hat. Anmerkungen helfen außerdem, die vielen lokalen und zeitgeschichtlichen Eigenheiten dieses Romans zu entschlüsseln. Ein intensiver, geheimnisvoller, poetisch geschriebener Leckerbissen für Literaturliebhaber, großen Beständen sehr empfohlen. Ein Vorgeschmack auf das Gastland der Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr. (Übers.: Regine Kühn)
Gabriele Berberich
rezensiert für den Borromäusverein.
Philosophia
Iliazd
Matthes & Seitz (2017)
382 S.
fest geb.