Das Alphabet der Puppen
Die junge kanadische Autorin Grudova erzählt in ihrem Debüt "Märchen" für Erwachsene. Ihre Geschichten sind verstörend, die Welt ist von furchterregenden Gestalten bevölkert. Sie richtet eine Lupe auf das Hässliche, auf die dunkle Seite des Menschen. Dystopische Szenarien wie bei Atwood oder Cormac McCarthy zeigen eine zerstörte Welt, in der die Zivilisation auf dem Rückmarsch ist. Es sind vor allem Frauen, die unter den Begebenheiten leiden. Doch unter Schmutz und Lumpen verbirgt sich die Sehnsucht nach Liebe. In der Geschichte "Wachsig" bemüht sich ein junges Paar, dem Überwachungsstaat zu trotzen. Das Buch wimmelt von literarischen Anspielungen von Edgar Allen Poe über Kafka bis hin zu Märchen von Andersen und Grimm. - Die Lektüre gleicht einer Fahrt mit der Geisterbahn, dem Gang durch ein Gruselkabinett, an dessen Ende nicht die Realität, sondern das Grauen wartet. Grudova thematisiert die Benachteiligung von Frauen erschreckend und schonungslos. Das Cover des Buches, ein Frauenkopf, dessen eine Hälfte von einem Fadengewirr verdeckt ist, verdeutlicht die Atmosphäre der Geschichten. Für Leser, die aufgeschlossen gegenüber junger Literatur sind.
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.
Das Alphabet der Puppen
Camilla Grudova ; aus dem Englischen von Zoë Beck
CulturBooks Verlag (2020)
195 Seiten : Illustration
fest geb.