Eine Laune Gottes

Die 34-jährige Rachel Cameron arbeitet als Lehrerin in einer kanadischen Kleinstadt und kümmert sich nebenbei um ihre dominante Mutter, mit der sie zusammenwohnt. Seit dem Tod ihres Vaters fühlt sie sich als unverheiratete Tochter ohne Familie dazu verpflichtet. Sie wird vollkommen von ihrer kränklichen Mutter eingenommen, sodass sie neben ihrem Beruf kein eigenes Leben führt. Erst als ihr ehemaliger Nachbarsjunge wieder in den Ort zurückkehrt und sie sich auf eine Affäre einlässt, beginnt langsam der Ablösungsprozess. Bei dem 1966 erschienen Roman der kanadischen Autorin Margaret Laurence (1926 - 1987) handelt es sich um eine Neuübersetzung. Laurence zeichnet ein vielschichtiges und feinsinniges Porträt der Protagonistin und ihren langen Weg zur Selbstbestimmung. Die Beziehungen zwischen den Figuren sind detailliert beschrieben und die Entwicklung der Hauptfigur lässt sich aufgrund der monologischen Darstellungsweise gut nachvollziehen. Obwohl die Geschichte wenig Handlung hat, ist sie nicht langweilig und lässt sich, auch aufgrund des angenehmen Schreibstils, flüssig lesen. Dennoch bleibt als Leser:in über den gesamten Roman hinweg eine gewisse Distanz zur Hauptfigur bestehen. Obwohl das Buch 1966 erstmals in Kanada erschienen ist, wirkt es trotzdem zeitlos und lässt sich auch heute noch gut lesen. Empfehlenswert.