Ganz wie ein Mensch
Die von Henry Hoke gewählte Erzählperspektive ist bekannt seit Franz Kafka und T.C. Boyles, der einen Laboraffen zum Protagonisten für seinen Roman machte. Auf den ersten Blick ein spannendes Erzähl- und Leseexperiment, auf den zweiten eher eine gehetzte Lektüre. Dies aufgrund ihrer Knappheit in Stil und Seitenumfang (192 Seiten in Großschrift!). In kurzen Flashs und Ellipsen blicken wir mit den Augen des Pumas auf das für ihn absonderliche Treiben dort in "Ellej", Hollywood. Vieles muss man sich selbst zusammenreimen, da seine Wahrnehmung abseits der vom Menschen erlernten Muster liegt. Hokes Stil ist minimalistisch, fetzig und hektisch, indem er auf Punkte, Kommata und schöne Sätze verzichtet, vergleichbar dem Umgang dieses Berglöwen auf Beutefang. Offenbar handelt es sich um einen musikalisch begabten, der plötzlich grammatikalisch einwandfrei und polyglott spricht. Dies wird der dichterischen Freiheit zugestanden. Stephan Kleiner übersetzt gut, nur der Titel passt nicht, denn es soll doch das Tierische im Menschen demonstriert werden. Ein solcher Berglöwe P-22 existierte dort von 2011-22. Heute ist dies kein Ort mehr zur Stillung der Bedürfnisse eines Raubtieres. Vorstellbar wäre die Verleihung eines National Book Award oder Pulitzerpreises für Hokes Werk. Für alle Bestände.
Gudrun Schüler
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Ganz wie ein Mensch
Henry Hoke ; aus dem amerikanischen Englisch von Stephan Kleiner
Eisele (2024)
190 Seiten
fest geb.