Die Harmonie im Kerker des Mandarin
Wang Wenming hat in Peking erfolgreich die Rehabilitierung seines in Ungnade gefallenen Vaters betrieben. Nun will er umgehend nach Hause zu seiner hochschwangeren Frau. Doch kurz vor der Abreise wird er von Kaiser Kangxi höchstpersönlich beauftragt, den Tod des jungen venezianischen Paters Giuseppe Reni, Missionar und Kartograph, aufzuklären, der in seiner Zelle erschlagen wurde. Der Kaiser hat die Jesuiten als Gelehrte und Berater an den Kaiserhof geholt. Doch die Anwesenheit der westlichen Priester führt zu Glaubenskontroversen und Machtkämpfen unter den Eliten des chinesischen Hofes. Die Söhne des Kaisers mit ihren jeweiligen Fraktionen und Parteigängern spielen dabei eine wesentliche Rolle. Aber auch bei den Jesuiten selbst gibt es Eifersüchteleien und Auseinandersetzungen innerhalb der Gemeinschaft. In diesem Umfeld hat der konfuzianische Wang mit seinem treuen Sekretär Guo Liang enorme Schwierigkeiten sich zurechtzufinden. Reni, der allseits beliebte Pater, scheint sich allerdings bei einigen chinesischen Begossenen, also getauften Neuchristen unbeliebt gemacht zu haben. Außerdem gibt es in der Gemeinschaft einen Landsmann, der Reni noch aus Italien kennt und ihm alles andere als gewogen ist. - Das Buch ist lesenswert wegen der detailreich und umfassend erzählten Konfliktsituationen, welche die unterschiedlichen Lebensweisen, Gewohnheiten, Gebräuche und Religionen bedingen. Dabei stellt die Autorin, studierte Sinologin, ihre umfassenden Kenntnisse manchmal allerdings etwas zu ausufernd unter Beweis. Eine interessante Lektüre, die vor allem bei Freunden außergewöhnlicher Geschichten Anklang finden dürfte. Gerne empfohlen.
Erwin Wieser
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Harmonie im Kerker des Mandarin
Clementine Skorpil
Ed. Hochfeld (2011)
429 S.
kt.