Styx
In der griechischen Mythologie ist Styx ein Fluss in der Unterwelt, in Offenbachs Operette "Orpheus" hört der Diener auf den Namen Hans Styx. Beide Namensgebungen sind für die Hauptperson in Jürgen Bauers Roman, eine namenslose Souffleuse, Witwe eines Regisseurs am Wiener Opernhaus, wichtig. Bilder aus der Theaterwelt, der Mythologie und dem alttestamentlichen Schöpfungsmythos sind von zentraler Bedeutung. Die Souffleuse, Spitzname "Madame Partitur", versucht sich nach der langen Pflege und dem Tod ihres Mannes im Theater wieder zurechtzufinden und scheitert: Die Pandemie hat alles bisher Selbstverständliche genommen und die Souffleuse braucht eine (un-) freiwillige Auszeit. Ihr Rückzugsort jedoch, die mit ihrem Mann zuletzt bewohnte Hütte, inmitten eines von ihrem Mann angelegten, inzwischen verwilderten Gartens ist ihr eher Geheimnis und Bedrohung. Daran können auch ein zugelaufener Hund, von ihr Hans Styx gerufen, die ihr zugewandte Theaterintendantin und ein plötzlich auftauchender, geheimnisvoller Gärtner nichts ändern. Bei Theaterproben in Aix-en-Provence tritt sie - vermittelt durch die Intendantin - wieder mit ihrem Mann als KI-Avatar in Kontakt. - Bauer verwebt sprachlich virtuos Erfahrungen aus der Mythologie, der illusionsfremden Pandemiezeit sowie des menschlichen Hoffens und Bangens miteinander. Gerade für theatererfahrene Lesende geeignet.
Rolf Pitsch
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Styx
Jürgen Bauer
Septime Verlag (2024)
190 Seiten
fest geb.