Herzvirus

Der autobiografische Roman beginnt mit einer filmischen Szene: Frühstück mit Tabletten und einer Mutter, die fällt. Als offizielle Todesursache wird eine Herzmuskelentzündung angegeben. Ihre Tochter, die Icherzählerin, stellt sich vor, der Virus Herzvirus habe sich schon vor Langem eingenistet. Alte Filme, die die Tochter in einer Bananenkiste aus der Wohnung der Mutter geborgen hat, dienen ihr als Anlass für eine Rückschau in ihre Kindheit, die von der frühen Trennung vom Vater geprägt war. Die alleinerziehende Mutter wird als starke, pragmatische Frau geschildert, die ihre Kinder zu eigenverantwortlichem Handeln erzieht. Doch durch die Erzählung scheint die Brüchigkeit der Person hindurch: sei es durch das mehrmalige Sich-Vergewissern, ob der Gasherd ausgeschaltet ist, oder deutlicher, in der Geburtstagsszene, in der die Kinder zu viele Kerzen anzünden und dadurch ein Feuer verursachen. Der Bruder ruft die Feuerwehr, während die Mutter teilnahmslos danebensteht. - Bettina Spoerri hat eine ergreifende Liebeserklärung an ihre Mutter geschrieben, die ihr immer mehr abhandengekommen ist wie die Buchstaben des Kinderliedes "Auf der Mauer, auf der Lauer ...", das ein durchgängiges Motiv im Buch ist; wie auch Literatur, Film und Musik sich durch den Roman ziehen und die Gefühle der Tochter widerspiegeln. Ein großartiger Roman. Gerne allen Büchereien empfohlen.

Karin Blank

Karin Blank

rezensiert für den Borromäusverein.

Herzvirus

Herzvirus

Bettina Spoerri
Braumüller (2016)

287 S.
fest geb.

MedienNr.: 585130
ISBN 978-3-99200-154-5
9783992001545
ca. 21,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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