Lieben muss man unfrisiert

Als vor 40 Jahren Maxie Wanders "Protokolle nach Tonband" unter dem Titel "Guten Morgen, du Schöne" erschienen, wurden sie ein Bestseller. Nadine Kegele spielt mit diesem Vorbild, stellt ihren Protokollen ein fiktives Interview mit Maxie Wander voran Lieben muss man unfrisiert und lässt dann, genau wie diese damals, 19 Frauen und (neu) Transgender zwischen 16 und 92 Jahren zu Wort kommen. Sie sprechen offen über ihre Kindheit, Sexualität, Partnerschaften und ggf. Familie; und oft auch über Geringschätzung und Übergriffe aufgrund von Geschlecht oder von der Norm abweichender sexueller Identität, aufgrund von Hautfarbe, Herkunft oder Behinderung. Dabei werden auch Ansichten und Lebensmodelle vertreten, die nicht den katholischen Moralvorstellungen entsprechen. Die Berichte der Protagonistinnen wirken sehr authentisch, doch ist zu vermuten, dass die Autorin auch hier ihrem Vorbild folgend die Aufzeichnungen bearbeitet hat, zumal der Verlag von "literarischen Porträts" spricht. Dennoch scheint die Eingruppierung bei der Sachliteratur sinnvoll, da die Texte gesellschaftliche Realität dokumentieren. Sie zeigen, dass es für jede und jeden noch viel zu tun gibt auf dem Weg in eine diskriminierungsfreie Gesellschaft. Ab mittleren Beständen.

Monika Graf

Monika Graf

rezensiert für den Borromäusverein.

Lieben muss man unfrisiert

Lieben muss man unfrisiert

Nadine Kegele
Kremayr & Scheriau (2017)

343 S.
fest geb.

MedienNr.: 589340
ISBN 978-3-218-01066-5
9783218010665
ca. 22,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Bi
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