So bin ich nicht

Gretas Geschichte setzt sich aus verschiedenen Erinnerungsblöcken zusammen. So entsteht am Ende ein Gesamtbild der Ich-Erzählerin. Sie hat es geschafft, ihren Platz in der Welt zu finden, ihre Angst, verlassen zu werden, zu überwinden und aus dem Teufelskreis Alkohol, Drogen, Sex und Ritzen halbwegs herauszukommen, indem sie alles aufschreibt; sie blickt nüchtern auf ihre glückliche Kindheit mit dem geliebten Vater und ihre kaputte Jugend zurück. Ihre Schwester ist psychisch krank, ihr Vater verstorben. "Meine Trauer ist so groß, sie spannt die Haut. Meine Trauer ist so stark, sie bricht mir die Knochen. So hart, dass sie mir Veilchen schlägt. So kalt, dass ich Eiszapfen weine. Und meine Trauer ist so lang, sie baumelt überm Teller, wenn ich essen will, dass ich auf den Teller und auf die Trauer kotzen muss". Dies sind die sprachlich faszinierenden Stellen. In den Beschreibungen, wie sie gegen das Gefühl des Alleinseins, der Angst vor dem Verlassenwerden ankämpft, bedient sich die Autorin einer drastischen, ja obszönen Sprache. Erstaunlich ist, wie schonungslos die Protagonistin sich selbst analysiert. Die in Deutschland geborene Autorin, die heute in Großbritannien lebt, sagt über ihre Geschichte, dass 68 Prozent "wirklich passiert" sind - der Rest sei frei erfunden. Ein sehr hartes Buch, nur für Leser, die Beschreibungen von Borderline, Suizidversuchen, Missbrauch, Ritzen, Alkoholsucht und häufigem Geschlechtsverkehr aushalten. Es scheint, dass im Augenblick Texte in einfacher Sprache einer jungen rauen, patzigen und verletzten Generation in Mode sind, die sich oft einer äußerst obszönen Sprache bedienen, s. "Feuchtgebiete", Bouzamour, Samir genannt Sam (586020) oder Sniadanko, Frau Müller ... (585063). Sprachlich interessant, für Büchereien aber nur eingeschränkt geeignet. (Übers.: Gesine Schröder)