Der Flakon

Was suchen eine Reichsgräfin und ihre Kammerdame in einer Postkutsche auf dem Weg von Dresden nach Leipzig? Der Münchner Autor Hans Pleschinski, der auf geistreiche Weise Stoffe und Stories aus dem 18. Jh. neuaufzulegen versteht, schickt die Frauen in seinem neuen Roman "Der Flakon" auf eine riskante Reise. In Leipzig hält der preußische König Hof. Im August 1756 ist er mit seiner Armee in Sachsen eingefallen, hat die öffentlichen Kassen beschlagnahmt, Zwangsgelder erpresst und Festungen beschossen. Und das alles ohne Kriegserklärung, ein "Nimmersatt und Brandstifter im empfindlichen Herzen Europas". Der sächsische König liebt das Meißner Porzellan und die Kultur, im Militär hat er gekürzt. Ihm muss geholfen werden, beschließt die Reichsgräfin Maria Anna Franziska von Brühl, Gattin des sächsischen Premierministers, und reist nach Leipzig, um dort die Dichter Gottsched und Gellert zu bitten, ihr bei einem Gift-Attentat auf Friedrich II. zu helfen. Der historische Stoff war Hans Pleschinski schon bei einem Schulferienausflug in Dresden begegnet. Aus der sächsischen Geschichte hat er später gelernt, dass sich hier, als Sachsen seinerzeit vor den Preußen kapitulierte, das Schicksal Deutschlands entschied. Zu dem versuchten Tyrannenmord gibt es nur Hinweise, so etwas steht nicht in den Geschichtsbüchern der Sieger. Aber Pleschinski hat das historische Milieu genau genug studiert, um die aktuellen Bezüge deutlich zu machen. Da steht Militarismus gegen Aufklärung, Kommandoton gegen schöne Kultur. Und gegen den Diktator agiert eine mutige Frau ihrer Zeit, eine sächsische Jeanne d’Arc, geleitet von ihrem Gerechtigkeitsgefühl und einer europäischen Freiheitsidee. Der Roman ist ungemein spannend erzählt, ein historischer Abenteuerroman und eine heiter durchdachte Versuchsanordnung. Sehr empfehlenswert!