Meine Cousine Emilia
Der namenlose Ich-Erzähler erinnert sich an seine Kindheit in Skopje und an seine Cousine Emilia, die Anfang des Zweiten Weltkriegs von ihren Eltern ins Haus der mazedonischen Großfamilie gebracht wurde. In 18 Geschichten erzählt der Autor von den Abenteuern der beiden Kinder. Er beginnt damit, dass Emilia ihm lebende Elefanten zeigen will, die er während eines Luftangriffs tatsächlich zu sehen glaubt. Später tauchen noch weitere merkwürdige Tiere auf: ein pfeifender Hund, ein Einhorn und eine Küchenschabe. Ebenso rätselhaft sind die Orte, die die Kinder erobern: ein türkischer Hamam, ein labyrinthartiges Hotel, nicht existierende Gewürzläden, außerdem sind da noch fliegende Lehrer. Die magische Welt der Kinder steht im Kontrast zur Welt der Erwachsenen. Sie erleben die Bombardierung der Stadt und der nahe gelegenen Ölfelder, sehen Tod und Zerstörung, müssen hungern und frieren; doch scheinen sie seltsam unberührt davon und leben in ihrer eigenen Welt zwischen Traum und Wirklichkeit, geborgen in der mazedonischen Großfamilie. Diese besteht aus Opa Simon, der auf alten Karten und in Enzyklopädien fremde Länder und Kontinente erforscht, Onkel Jakov, der als Kriegsheld gefeiert wird, in Wahrheit aber nur auf Hamstertouren unterwegs ist, der praktischen Oma Spomenka, die das geheimnisvolle Einhorn als unnützen Vielfraß entlarvt, und schließlich aus vielen Tanten, Onkel, Schwäger und Cousinen, die das Haus in ein Durcheinander verwandeln. Die schöne poetische und bildhafte Sprache des mazedonischen Autors, der erst jetzt bei uns entdeckt wird, ist ein Genuss und eine Entdeckung wert. (Übers.: Benjamin Langer)
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.
Meine Cousine Emilia
Vlada Urosevic
Dt. Taschenbuch-Verl. (2013)
dtv ; 24996 : dtv-premium
235 S.
kt.