Das Gift des Politischen
In ihrem Buch erläutert Rita Süssmuth, 1985-1988 Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit sowie 1988-1998 Präsidentin des Deutschen Bundestages, zum einen ihre Sorge um die momentane Befindlichkeit unserer Demokratie, vor allem um wirksame und umsetzbare Zukunftsperspektiven, zum anderen spricht sie die für sie persönlich wichtigsten Mechanismen an, um z.B. die Passivität in weiten Teilen der Gesellschaft oder die Verdrängung und Tabuisierung aktueller Themen bzw. das starre Festhalten an Machtpositionen durch die politisch Verantwortlichen zu verringern. Sie erörtert ihre in den parteipolitischen Rahmen der CDU nicht immer passenden Ansichten, wobei sie offen auf Fehler (z.T. auch auf eigene) hinweist. Kritisch, aber stets ihre Position betonend, gewährt sie Einblick in das politische Alltagsgeschäft, u.a. in ihren oft umstrittenen Einsatz für eine größere Wirkungsbreite von Frauen (Frauenquote), den Ausbau der Kinderbetreuung, die Einführung der Mütterrente, die Änderung des Staatsbürgerrechts, die Reform des Abtreibungsparagrafen sowie die Neuorientierung des Bildungswesens (Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems). Trotz der subjektiven Sichtweise und der z.T. pauschal zu harten Wertung der gegenwärtigen Situation gelingt der Verfasserin ein zeitgeschichtlich informatives Buch, das für kritische Leser durchaus zu empfehlen ist.
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Das Gift des Politischen
Rita Süssmuth
Dt. Taschenbuch-Verl. (2015)
263 S.
fest geb.