Bis nächstes Jahr im Frühling
Wie viel beklemmendes Schweigen verträgt eine Ehe? Hält sie verletztes Vertrauen unbeschadet aus? Die japanische Schriftstellerin Hiromi Kawakami (Jahrgang 1958) stellt Fragen, die mit der Gestaltung einer Partnerschaft und mit der Persönlichkeitsentwicklung
in der Paarbeziehung zusammenhängen. Im Mittelpunkt der sachlich und detailgenau erzählten Prosa steht die in Tokio beheimatete Noyuri, die seit sieben Jahren mit dem Schichtingenieur Takuya verheiratet ist. Die "zermürbende Eintönigkeit" ihres Alltags hat sie physisch und psychisch träge werden lassen. Erst als sie durch einen anonymen Anruf erfährt, dass Takuya sie betrügt, denkt sie über ihre Lebenssituation nach und beginnt, ihre Ehe zu hinterfragen. Dass sich die subtil porträtierte Protagonistin zutiefst verletzt fühlt, vermittelt die Autorin über eine zweite Erzählebene. Denn während sich Noyuri ihrer Umwelt gegenüber betont angepasst zeigt und einer Entscheidung zunächst ausweicht, befindet sie sich in einem hochgradigen Erregungszustand, den sie erst nach vollzogener Trennung überwindet. Aus dem Kontrast zwischen beiden Ebenen entsteht die den empfehlenswerten Roman charakterisierende Spannung, die eine angenehm anregende Lektüre garantiert. (Übers.: Ursula Gräfe und Kimiko Nakayama-Ziegler)
Kirsten Sturm
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Bis nächstes Jahr im Frühling
Hiromi Kawakami
Hanser (2013)
221 S.
fest geb.