'45
An dem für die ganze Welt bedeutenden Wendepunkt, dem Jahr des Kriegsendes 1945, stellt der Autor ganz unterschiedliche Ereignisse, Erfahrungen und Stimmungen aus dem politischen Ringen der Siegermächte sowie aus dem Alltag der Menschen nebeneinander und vermittelt so ein äußerst facettenreiches, beeindruckendes Bild dieser Zeit, in der der Wunsch nach Normalität das Wissen um die vorangegangene Katastrophe verdrängte. Unter den Aspekten "Befreiungskomplex", "Trümmerbeseitigung", "Nie wieder" zeigt Buruma, welche unterschiedlichen Reaktionen das Kriegsende in Europa, den USA und im südostasiatischen Raum hervorrief und mit welch schrecklichen Erlebnissen (z.B. Vergewaltigungen durch die Rote Armee, Judenverfolgungen in Polen, Massenexekutionen durch die Kommunisten, Massaker der Japaner) die Menschen fertig werden mussten. Auch macht der Autor deutlich, dass dieses Jahr eine so tiefgreifende Zäsur darstellt, dass nichts mehr so sein konnte wie vorher. Obwohl die meisten der hochgesteckten Ziele (u.a. Weltfrieden, Weltregierung) sich nicht verwirklichen ließen und sich bald neue Konfliktherde (z.B. Kalter Krieg) auftaten, dürfen die Leistungen dieses Jahres, das "in einer Mischung aus Dankbarkeit und Furcht" zu Ende ging, nicht gering erachtet werden. - Spannend und interessant, sehr empfohlen für geschichtlich Interessierte!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
'45
Ian Buruma
Hanser (2015)
411, [16] S. : Ill.
fest geb.