Hundert Jahre Revolution
Der vor allem durch seine Studien über den stalinistischen Terror auch in Deutschland bekannt gewordene britische Historiker Orlando Figes (zuletzt BP/mp 13/41 und 457) lässt die revolutionäre Phase in Russland bereits mit der Hungerkrise von 1891 und nicht erst mit dem "Blutsonntag" am 9.1.1905 beginnen. Er betrachtet den wachsenden Konflikt zwischen der dynamischen Bürgergesellschaft und der verknöcherten Autokratie als Wurzel des Zusammenbruchs der Monarchie, nicht die Unzufriedenheit von Bauern und Arbeitern. Für die im russischen Oktober 1917 durch einen bewaffneten Aufstand an die Macht gekommenen Bolschewisten war der rote Terror von Anfang an ein wesentlicher Bestandteil der Machtsicherung und der gesellschaftlichen Umgestaltung. - Orlando Figes erzählt eindrucksvoll die Geschichte dieses beispiellos langen staatlichen Terrors gegen das eigene Volk. Seit der Auflösung der Sowjetunion im Jahre 1991 gilt der Kommunismus als verflossenes historisches Stadium, dessen Erbe allerdings im heutigen autoritären Russland wieder in Erscheinung tritt. - In dieser lesenswerten Gesamtdarstellung des Bolschewismus wird gleichermaßen die Wirkungsmacht von Ideen und Persönlichkeiten (Lenin, Stalin, Gorbatschow) in der Geschichte deutlich. Überall empfohlen.
Johann Book
rezensiert für den Borromäusverein.
Hundert Jahre Revolution
Orlando Figes
Hanser Berlin (2015)
382 S.
fest geb.