Die Leben des Jacob

Der Autor hat auf dem Flohmarkt das Fotoalbum eines Mannes mit einer Serie von Selbstportraitfotos aus dem Jahr 1973 gefunden, auf deren Rückseite Notizen vermerkt sind. Auf jedem Foto inszeniert der Unbekannte sich selbst, mal mit Motorradhelm, mal Die Leben des Jacob mit Musikermütze, mal in Uniform der israelischen Armee. War er ein Künstler? Oder ein Soldat? Fasziniert macht sich Boltanski auf die Suche nach der Identität des Dargestellten, der am Anfang und Ende des Albums Name und Adressen hinterlassen hat: B’chiri Jacob. Er folgt den Notizen nach Rom, ins Rhonetal, nach Marseille, Genf und Israel. Innerhalb von drei Jahren scheint Jacob immer unterwegs gewesen zu sein. Seine Freude an immer neuen Verkleidungen, das Fehlen von Spuren im Internet - handelte es sich um einen Spion? Die Begeisterung Jacobs für Fotoautomaten fällt in die Zeit des Aufschwungs von Body Art: der Künstler benutzt seinen Körper als Material - das könnte eine Erklärung sein. Schließlich findet der Autor die Kinder, erfährt, dass Jacob früh Waise wurde und aus Djerba stammt, Kunst und Architektur studiert, bei der israelischen Fluggesellschaft gearbeitet und am Ende eine Beerdigungsgesellschaft geleitet hat. Auch die Kinder bestätigen, dass das Leben ihres Vaters viele Geheimnisse barg und unterstützen den Autor, ein Buch über das Leben ihres Vaters zu schreiben. - Boltanski rekonstruiert dieses Leben, indem er Jacob direkt anspricht und fragt. In die Notizen über die vielen Reisen verwoben ist die Zeitgeschichte der 1970er Jahre mit Terroranschlägen, Flugzeugentführungen Israel/Palästina-Konflikten. Eine packende literarische Spurensuche.

Ileana Beckmann

Ileana Beckmann

rezensiert für den Borromäusverein.

Die Leben des Jacob

Die Leben des Jacob

Christophe Boltanski ; aus dem Französischen von Tobias Scheffel
Hanser (2023)

205 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 613920
ISBN 978-3-446-27627-7
9783446276277
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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