Römische Begegnungen
Wie ergeht es einem deutschen Kardinal im Zentrum des katholischen Glaubens? Das versucht Gerhard Ludwig Müller im vorliegenden Buch darzustellen. Dabei schildert er die unterschiedlichsten Gedanken, die ihm bei Begegnungen mit Menschen in Rom durch den Kopf gehen. Irritierend ist allerdings, dass Müller von sich stets in der dritten Person spricht. Auch ist nicht ganz klar, ob es sich bei den geschilderten Ereignissen um tatsächlich Erlebtes handelt oder ob Müller hier in fantasievoller Weise Episoden erzählt, wie sie sich exemplarisch im Leben eines Kardinals in Rom abspielen könnten. Das Buch lässt sich leicht lesen, wenngleich sich Müller nicht um viel diskutierte Themen herumschleicht. In beinahe gewohnter Manier spart "der römische Kardinal" auch nicht an Kritik: Die "Selbstsäkularisierung der Kirche" sieht Müller als "letzten Schritt vor ihrer Selbstabschaffung"; er schwört den Leser vielmehr auf das Dokument "Dominus Iesus" ein, das im Jahr 2000 von der Glaubenskongregation vorgelegt wurde und von Müller als ekklesiologisches Leitprogramm angesehen wird. Aus dieser Haltung heraus kann er das Reformationsjubiläum von 2017 auch nur negativ betrachten, immerhin sei ein solches Gedenken kein Grund "zum Jubeln". - In Summe bietet das Buch nichts Neues. Das meiste hat Gerhard Müller längst anderswo geäußert; auch die Kritikpunkte, die er benennt, sind alt. Wer lesen möchte, was Müller über die Kirche unter Papst Franziskus denkt, dem sei das Buch zur Lektüre empfohlen.
Fabian Brand
rezensiert für den Borromäusverein.
Römische Begegnungen
Gerhard Müller
Herder (2019)
159 S.
fest geb.