Kind aller Länder

In dem schon 1938 erschienenen Roman der vor allem durch den Bestseller "Das kunstseidene Mädchen" (1932) über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt gewordenen Autorin beschreibt diese in manchmal erkennbarer Anlehnung an ihre eigene Biografie Kind aller Länder ein Emigrantenschicksal - sie hatte nach dem Verbot ihrer Bücher 1933 Deutschland vorübergehend verlassen und lebte zwei Jahre mit dem bekannten Autor Joseph Roth zusammen. Hier allerdings schlüpft sie in die Rolle eines 10-jährigen Mädchens namens Kully. Der Vater, ein wenig erfolgreicher Schriftsteller, tourt durch verschiedene Länder Europas, ständig auf der Suche nach Verlegern und Geldgebern für seine Romanprojekte. Seine Frau und Kully begleiten ihn gezwungenermaßen. Man lebt in Hotels und Pensionen, durchweg über seine Verhältnisse, aber ständig in Sorge um die fälligen Rechnungen, ständig auf der Suche nach Mäzenen und Freunden, die man anpumpen kann. Der Weg zurück nach Deutschland, wo die Großmutter lebt, ist ihnen wegen der nazifeindlichen Haltung des Vaters versperrt. Das Kind, einerseits in Sorge um die Existenznöte der Familie, andrerseits voller Bewunderung für den weltoffenen, bei Frauen und Männern gleichermaßen beliebten und stets optimistischen Vater, erlebt voller Staunen und mit wachen Sinnen diese unruhigen Jahre. Konsequent erzählt Kully aus ihrer Sicht. Und somit macht den Reiz dieses Romans hauptsächlich aus, mit welch unverbildeter kindlicher Naivität das Mädchen auf die Erwachsenenwelt blickt, wie sie sich in verschiedensten Situationen zurechtfindet, welchen Missverständnissen sie unterliegt, aber auch dass sie die Lebenslügen der Erwachsenen oft genug durchschaut. - Für literarisch Interessierte.

Kind aller Länder

Kind aller Länder

Irmgard Keun
Kiepenheuer & Witsch (2016)

221 S.
fest geb.

MedienNr.: 584012
ISBN 978-3-462-04897-1
9783462048971
ca. 17,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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