Menschenkinder

"Kinder sind uns ... nicht feindlich gesinnt. Sie sind keine potenziellen Tyrannen und wir nicht ihre Bezwinger. Sie wollen uns mit ihrem Verhalten nicht eins auswischen, uns 'manipulieren' oder gar die Macht im Laden übernehmen ... Grundlage kindlicher Entwicklung ist nicht ein 'Machtgefälle' von den Eltern zum Kind, mit Hilfe dessen die kindliche Psyche 'geformt' wird" (S. 32). Klare Worte, in denen sich die Haltung des Autors zu Kindern und Erziehung zeigt. Er plädiert mit manchmal geradezu wütenden Worten dafür, das "Geschwätz" mancher vermeintlicher Experten für Erziehung auf dem Müll zu entsorgen und an den Kindern und ihre Evolutionsgeschichte Maß zu nehmen. Dann werde manche (klein-)kindliche Verhaltensweise ohne Weiteres verständlich und brauche keine "Formung" durch Erziehung. Die vielen, sich häufig widersprechenden Theorien und Empfehlungen zur Erziehung verunsichern Eltern nur und setzen sie unter Druck, nur ja alles richtig zu machen. Dabei geht die intuitive Beziehung zum Kind verloren. Mode, Theorien und 'Kinder-Optimierer' schreiben Förderung vor und "lassen die Geschichte unserer Kinder außer Acht." (S. 18). Das Spiel unter Kindern wird nicht als "Entwicklungsmotor" (S. 63) gesehen und durch Therapien und Experten ersetzt. - Die Fragen der Eltern sind kapitelweise besprochen und evolutionsgeschichtlich hinterfragt. Als Basis sei dabei auf das Buch "Kinder verstehen" (s. BP/mp 10/20) des Autors hingewiesen, denn hier liegt der Schwerpunkt im Appell, Kinder von heutigen Rahmenbedingungen wie extremer Frühförderung und Leistung zu befreien und den Weg gehen zu lassen, den Homo sapiens als soziales Wesen vorgezeichnet hat. Sehr empfehlenswert als Gegenpol zur alles andere ausblendenden Leistungsorientierung und als Ermutigung für alle Eltern, dass sie ihren Weg mit ihren Kindern schon finden werden - auch ohne Erziehungsführerschein und Frühfördermaßnahmen.