Als die Kirche den Fluss überquerte

Daniel ist etwas über 20, hat noch keinen Beruf und wohnt zuhause. Der unreife junge Mann kann sich keine andere Lebensweise vorstellen. Umso heftiger reagiert er, als die Eltern sich trennen. Er bleibt bei der Mutter und schiebt dem Vater die Rolle Als die Kirche den Fluss überquerte des Bösewichts zu. Er will in dessen Rolle als Familienoberhaupt hineinschlüpfen und verheddert sich völlig im Verhältnis zu seiner Schwester, die zeitweilig die Frau seiner Träume ist. Er erkennt kaum, dass ihm sein Onkel Billy und eine entfernte Verwandte, eine Bildhauerin, ein paar praktische Lektionen Lebensklugheit vermitteln wollen. Die Mutter wird in der Zwischenzeit immer vergesslicher und wunderlicher in ihrem Verhalten, bis eine ärztliche Diagnose ihr eine früheinsetzende Demenz bescheinigt. Das ist der Wendepunkt, weil der Vater seine Distanz aufgibt, sich zum Schluss sogar rührend um die Mutter kümmert und auch die zwei Geschwister wieder ein unbefangenes Verhältnis zueinander finden. - Retrospektiv lässt die Autorin Daniel erzählen. Besonders in den letzten Abschnitten spürt man, dass er inzwischen gereift ist und ein eigenständiges Leben führen kann. Der Titel bezieht sich auf eine Textpassage, mit der die Krankheit der Mutter beschrieben wird. Die Identifizierung mit dem Ich-Erzähler fällt dem Leser - zumindest in der ersten Buchhälfte - ziemlich schwer, weil die Reiferückstände zu auffällig sind. Trotzdem ist es eine bereichernde Lektüre zum Themenkomplex Familie, Zusammenstehen und schwere, todbringende Erkrankung.

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Als die Kirche den Fluss überquerte

Als die Kirche den Fluss überquerte

Didi Drobna
Piper (2018)

311 S.
fest geb.

MedienNr.: 895629
ISBN 978-3-492-05920-6
9783492059206
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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