Porträt auf grüner Wandfarbe

Gwen Farleigh bereitet sich auf einer Reise mit ihrer Tante Lily an deren Geburtstort in Westpreußen vor, um mehr zur bisher totgeschwiegenen Familiengeschichte zu erfahren. Gleich zu Anfang ihre Erkenntnis: Ihre Vorfahren waren irgendwie bei allen Porträt auf grüner Wandfarbe großen Ereignissen des 20. Jh. dabei. Wenig von dem, was sie anfangs zu wissen glaubte, bestätigte sich. Letztlich geht es gar nicht um verschwundene Kunstwerke aus dem Besitz ihres (Ur-)Großvaters, ein konvertierter und geadelter Jude, womit sich die Zurückhaltung bei Fragen zur Familiengeschichte erklärte. Das sie bedrückende Schweigen wird durch die Tagebücher einer Vertrauten der Familie, Ella Blau aus Bad Tölz, und ein daraus resultierendes Telefonat mit ihrer schwierigen Großmutter Ilsabé gelockert. Diese lebenshungrige österreichische Adelige trennte sich zum Schutz ihrer zwei Kinder von Jakob von Stein, übergab aber Jahrzehnte später ihrer Tochter, Gwens Mutter, einen großen Teil der erklärenden Aufzeichnungen. - Das Lesenswerte an diesem Roman ist nur bedingt die Familiengeschichte. Hätte sie die Autorin linear erzählt, wäre viel von den Gefühlen der suchenden Enkelin unter den Tisch gefallen. Es reizt, mit Gwen die Mauern des Schweigens niederzureißen. Man erlebt mit, wie Verschweigen die Nachkommen vor schier unlösbare emotionale Aufgaben stellt, weil sie Stück für Stück ihre Vorstellungen revidieren müssen. Hervorzuheben ist die Figur der Ella, die sich vom armen Bauernmädchen zu einer geschätzten Sekretärin und Vertrauten von Jakob von Stein emporarbeitet. Breit einsetzbar.

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Porträt auf grüner Wandfarbe

Porträt auf grüner Wandfarbe

Elisabeth Sandmann
Piper (2023)

507 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 752224
ISBN 978-3-492-07198-7
9783492071987
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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