Traum von China
Ma Daode ist Direktor des neu geschaffenen "Traum-von-China-Amts". Er wird als korrupter Widerling präsentiert. Doch er hat - was das Land als Ganzes nicht haben darf - eine Vergangenheit. Obwohl die Erinnerungen an Katastrophen mit Millionen von
Toten offiziell tabu sind, steigen in Ma Daode die Gespenster der Kulturrevolution auf, an der er als Jugendlicher beteiligt war. Er hatte, mit anderen Mitgliedern der Roten Garden, seine Lehrer gedemütigt und gequält, vor allem aber seine Eltern denunziert, die sich daraufhin das Leben nahmen. Sein zunehmend schlechtes Gewissen betäubt er mit einer Unzahl von Geliebten, die ihm allerdings auf die Dauer zu anstrengend werden. Der Titel bezieht sich auf eine Rede des chinesischen Präsidenten Xi Jingping 2012, in der er unter Ausblendung der Kulturrevolution und der blutigen Studentenrevolte einen "Traum von China auf dem Weg zur nationalen Wiederbelebung" verkündet. Der Autor, der seit zwanzig Jahren im Exil lebt, hat aus Wut über die falschen Versprechungen der Diktatur eine bitterböse Satire geschrieben. Der berühmte chinesische Künstler Ai Weiwei hat für Ma Jian die Titelillustration entworfen: einen toten Baum, dessen Äste sich in alle Richtungen davonmachen. Ein aktuelles Thema für an China interessierte Leser.
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.

Traum von China
Ma Jian ; aus dem Englischen von Susanne Höbel
Rowohlt
189 Seiten
fest geb.