Ein ganzes halbes Jahr
Louisa, genannt Lou, hat ihren Job als Kellnerin verloren. Über das Arbeitsamt findet sie eine Stelle als Gesellschafterin für Will Traynor. Will sitzt seit einem schweren Unfall gelähmt im Rollstuhl und hadert mit seinem Leben. "Ich will nicht
so leben", sagt er zu seiner Mutter. "Das ist nicht das Leben, das ich mir ausgesucht habe. Es gibt keine Aussicht auf Besserung" (S. 160). Nach einem Selbstmordversuch hat er mit seiner Mutter ausgehandelt, dass er ihr ein halbes Jahr Zeit geben wird, ihn von seinem Todeswunsch abzubringen. Gelingt das nicht, wird sie ihn in die Schweiz begleiten. Nach anfänglichem Zögern betreut Lou Will nicht nur, sie macht es sich auch zur Aufgabe, ihm zu zeigen, dass das Leben auch für ihn lebenswert ist. Das gelingt ihr allerdings nicht; Will bleibt bei seinem Vorsatz, auch als Lou und er ein Paar werden. Um das Drama perfekt zu machen, bittet Wills Mutter Lou am Abend vor dem geplanten Todestag, nach Zürich zu kommen, um Will eine letzte Begegnung zu ermöglichen. - Auch wenn es sich um einen Liebesroman aus der Sparte Leichte Unterhaltung handelt, rührt er an ein ernstes und heiß diskutiertes Thema. Jojo Moyes packt es in eine sehr emotionale Geschichte, die unterschwellig - z.B. durch die Gestaltung der Figuren - für das Recht auf einen selbstbestimmten Tod wirbt. Lou selbst ist zunächst entsetzt und dagegen, setzt sich aber mehr und mehr mit Wills Todeswunsch auseinander. Am Ende ist sie zwar alles andere als einverstanden, glaubt aber, kein Recht zu haben, ihn für seine Entscheidung zu verurteilen. - Moyes hat eine sehr zu Herzen gehende Geschichte zum schwierigen Thema Sterbehilfe geschrieben, die jedoch nicht unbedingt geeignet ist, sich mit dem Thema differenziert auseinanderzusetzen. - Bitte beachten Sie die Lesezeichenaktion des Borromäusvereins zu diesem Roman. (Übers.: Karolina Fell)
Marlene Knörr
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Ein ganzes halbes Jahr
Jojo Moyes
Rowohlt (2013)
Rowohlt Polaris
527 S.
kt.