Mesopotamien

Marat, Romeo und Iwan, Mario, Jura und Foma, Matwij, Bob und Luka, die Protagonisten in Zhadans Roman, leben alle in Charkiw im Osten der Ukraine, zwischen den Flüssen Dnepr im Westen und Don im Osten gelegen. Die Geschichten der neun Hauptfiguren Mesopotamien sind geprägt von der Zeit, in der sie leben: die Sowjetunion gibt es nicht mehr, und am Horizont droht schon der Krieg im Osten der Ukraine. In jeder Erzählung schafft der Autor ein Abbild seiner Heimatstadt, jedes Mal mit einem anderen Blick auf das gleiche Geschehen. Charkiw ist ein modernes Babylon, Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion leben hier noch selbstverständlich nebeneinander, für sie ist die Stadt ihre Heimat, die durch die Geschichten der Protagonisten in allen Schattierungen gezeigt wird: Alkohol- und Drogenprobleme, Prostitution, wirtschaftlicher Niedergang, Korruption und Gewalt. Mit schwarzem Humor zeichnet der Autor seine melancholischen, verrückten, liebestollen, oft kranken und erschöpften Figuren, durchweg schräge Vögel, die alle auf der Suche nach der Liebe sind. Frauen spielen eine wichtige Rolle in ihrem Leben - der lange Gedichtzyklus im zweiten Teil des Buches unterstreicht dies, er nimmt die Themen, Stoffe und Figuren des ersten Teils nochmals auf. Ein kraftvoller und poetischer Roman, der literarisch interessierte Leser in eine gar nicht so ferne Welt eintauchen lässt. (Übers.: Claudia Dathe, Juri Durkot u. Sabine Stöhr)

Gudrun Eckl

Gudrun Eckl

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Mesopotamien

Mesopotamien

Serhij Zhadan
Suhrkamp (2015)

362 S.
fest geb.

MedienNr.: 583305
ISBN 978-3-518-42504-6
9783518425046
ca. 22,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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