Halt auf Verlangen
Aufgrund einer Krebsdiagnose ist der Autor gezwungen, täglich mit der Tram zur Klinik zu fahren. Auf diesen Fahrten quer durch Zürich hält er fest, was er erlebt und was ihn bewegt. Dieses Aufschreiben von einerseits alltäglichen Erlebnissen im öffentlichen Nahverkehr und andererseits wichtigen Stationen seines Lebens wird für ihn zur Notwehr, zur Waffe gegen das mögliche Ende seines Lebens. Er beschreibt ebenso seine Kindheit in dem oft sprachlosen Elternhaus mit dem früh verstorbenen kleinen Bruder und dem kranken Vater wie von verschiedenen Frauen, die er geliebt und begehrt hat. Kennern von Faes' Werk wird unter anderem Meret wieder begegnen, die sich in "Paarbildung" ebenfalls einer Strahlentherapie unterziehen muss. Dieser Perspektivwechsel von Beobachter zum Betroffenen macht dieses "Fahrtenbuch" des 1947 geborenen Schweizers zu einem intimen, autobiografischen Werk mit äußerster Intensität. Sprachgewaltig trotz leiser Töne. Mile, die erste Frau im Leben des Erzählenden stellt es treffend fest: "Du redest, wie du schreibst, sagte sie. Traurig. Aber schön" (S. 158). Für größere Bestände gerne empfohlen.
Barbara Dorn
rezensiert für den Borromäusverein.
Halt auf Verlangen
Urs Faes
Suhrkamp (2017)
198 S.
fest geb.