Fallobst
"Nur ein Notizbuch" nennt der ein Leben lang vielseitig interessierte, unermüdlich aktive und eifrig produzierende H.M.E. diesen Sammelband. Es sind tatsächlich auch Beobachtungen dabei, die von weniger kundigen Zeitgenossen stammen könnten, aber schnell wird das vermeintlich Leichtgewichtige bedeutsam, interessant. Enzensberger stellt Zusammenhänge her, die frappieren, weil er Kenntnisse auf so vielen Gebieten hat wie kaum ein anderer. In diesem Früchtekorb findet man kürzere oder längere Ausführungen über Poeten, auch über Gedichte schreibende Gewaltherrscher, über den Goebbelsschen Slogan "Trotz Verbot nicht tot", über Messis, die sich nicht im eigenen Müll einmauern, sondern in den eigenen Milliarden, über den Ideenreichtum der Evolution, über die vertauschten Rollen von Herr und Hund, über den Qualitätsunterschied der Literatur von Wilhelm Busch und dem Marquis de Sade, über die bizarrste Religion, nämlich die des digitalen Gottes, usw. Dieser ungeordneten Themenvielfalt entspricht der ebenso allmähliche oder abrupte Wechsel vom Ernsten ins Heitere, vom Harmlosen ins Bedeutsame, das gilt auch für seine Beiträge über das Älterwerden und den Lebensabend. Zur besonderen Freude des Lesers zeigt Enzensberger auch eine Vielzahl von witzigen Zeichnungen des auch von ihm sehr geschätzten Karikaturisten Bernd Bexte. Eine ergiebige, vergnügliche Lektüre.
Hardy Scharf
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Fallobst
Hans Magnus Enzensberger ; mit Illustrationen von Bernd Bexte
Suhrkamp (2019)
367 Seiten : Illustrationen
fest geb.