Kruso
Als seine Freundin tödlich verunglückt, sucht der Student Edgar Bendler im Sommer 1989 auf der Ostseeinsel Hiddensee Vergessen. Er findet eine Anstellung als Abwäscher im "Klausner" und trifft dort auf Alexander Krusowitsch, genannt Kruso, der ihn in seine Arbeit und die Rituale der Saisonarbeiter auf der Insel einführt. Viele von ihnen sind Aussteiger und Systemverweigerer, die sich z.B. als Tellerwäscher durchschlagen. Kruso, der Edgar allmählich ein guter Freund wird, organisiert diese "Esskaas" (Saisonkräfte), und bringt ihnen seinen utopischen Begriff von Freiheit nahe - bis der November 1989 kommt, die Grenzen sich öffnen und Krusos Organisation sich auflöst. Der will nicht wahrhaben, dass er nicht mehr gebraucht wird, die Freundschaft mit Edgar wird erschüttert. Jahre später forscht Edgar auch in den Archiven der dänischen Staatspolizei nach, was aus all den ertrunkenen Flüchtlingen geworden ist, die schwimmend von Hiddensee aus die dänische Küste erreichen wollten. - Lutz Seiler vergegenwärtigt in diesem Roman die Hoffnungen und Einschränkungen eines ganzen Landes, an einem Ort (Hiddensee) und in einem kurzen Zeitraum: Juni bis November 1989, und das in einer poetischen Sprache, die nicht nur literarisch interessierte Leser durch das ganze Buch trägt. Sehr empfohlen!
Gudrun Eckl
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Kruso
Lutz Seiler
Suhrkamp (2015)
Suhrkamp ; 4630
480 S.
kt.