Der Schrei des Löwen
Yoba vegetiert mit seinem traumatisierten kleinen Bruder in einer nigerianischen Stadt dahin. Als er einen Auftrag für einen Bandenboss erledigen soll, gelangt er an eine Tasche Geld und sieht darin seine Chance: Die Brüder machen sich auf nach Europa, wo ein Onkel leben soll. Auf dem Lastwagen durch die Wüste und auf einem überfüllten Boot übers Mittelmeer sind die beiden Brüder stets lebensbedrohlichen Gefahren ausgesetzt: Hunger und Durst, korrupte Beamte, selbsternannte Beschützer oder einfach Mitreisende, die ihren Vorteil suchen. In Einschüben wird von einem deutschen Jungen erzählt, der ein Tagebuch findet, Yobas Notizbuch, das er nach dem Schiffbruch seinem kleinen Bruder anvertraut hatte. - Sehr authentisch und gut recherchiert schildert dieses Buch ein bedrückendes Problem. Yobas Mut wird nicht belohnt, doch darf der Leser hoffen, dass sein Opfer nicht umsonst war. Die geschickte Verknüpfung zweier Handlungsebenen durch das Tagebuch verleiht dem Buch noch mehr Spannung und macht die Gegensätze noch stärker erfahrbar. - Die aufrüttelnde Lektüre ist ab mittleren Beständen sehr zu empfehlen.
Astrid Frey
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Schrei des Löwen
Ortwin Ramadan
Carlsen (2012)
Carlsen ; 1291
284 S.
kt.