Die Mittagsfrau
Was treibt eine Frau dazu, im Sommer 1945 an einem ostpommerschen Provinzbahnhof ihren siebenjährigen Sohn auszusetzen? Ihre Vergewaltigung durch russische Soldaten, eine schnell gescheiterte Schutzehe mit einem Vorzeige-Nazi, ein früh verstorbener Geliebter, der Verlust der Eltern, das Leugnen der jüdischen Herkunft, das Vergessen Gottes und ein unerfüllter Zukunftstraum von einer Welt, der größer ist als ihr Leben: alle diese Verlusterfahrungen sind Teile eines Lebenspuzzles, das sich der Leser selbst zusammensetzen muss aus dem Schicksal der "Mittagsfrau" und ihrer unerhörten Tat, die von der Autorin weder beschönigt noch verworfen wird. "Die Mittagsfrau" ist die faszinierende Geschichte einer Kindsverstoßung aus Sicht der Mutter und zugleich ein eindringlich und empathisch erzählter jüdisch-deutscher Familienroman aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. - Äußerst lesenswert (Deutscher Buchpreis 2007).
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Mittagsfrau
Julia Franck
Fischer-Taschenbuch-Verl. (2009)
Fischer-Taschenbuch ; 17552
429 S.
kt.