Dunkelgrün fast schwarz

Mitte der 1980er Jahre lernt die junge Wiener Krankenschwester Marie den Medizinstudenten Alexander kennen. Sie heiraten und als das zweite Kind kommt, ziehen sie in seine Heimatstadt Hallein, wo er die Praxis seines Vaters übernimmt. Marie fühlt sich in dem abgelegenen Haus sehr fremd und einsam und ist froh, als sie in Sabrina eine gleichaltrige Freundin findet. Ihre beiden dreijährigen Söhne Moritz und Raffael freunden sich ebenfalls an, eine Verbindung, die Marie von Anfang an als problematisch empfindet, denn Raffael ist nicht nur draufgängerisch und vorlaut, sondern auch herrisch und - wie sie beobachten muss - hinterhältig brutal. Dennoch kann sie nicht verhindern, dass die Jungs wie Pech und Schwefel zusammenhalten und ihre Verbindung erst durch das Auftauchen von Johanna, die sich zwischen sie drängt, Risse bekommt. Nach ihrer Matura und einem traumatischen Erlebnis bricht Moritz den Kontakt zu beiden ab. Umso perplexer ist er, als Raffael 16 Jahre später überraschend an seine Tür klopft ... Die österreichische Literatur-Bloggerin Mareike Fallwickl hat viele gute Ideen und eine sehr lebhafte und interessante Sprache, aber man wird das Gefühl nicht los, sie wolle zu viel auf einmal. Die Erzählweise aus den wechselnden Perspektiven (Marie, Moritz, Johanna) wirkt manchmal wie Kunst, manchmal wie Chaos. Am interessantesten ist die Figur der Marie, die einen Seiltanz aus Ökomutter und Ehebrecherin aufführt. Der Charakter des Raffael als das "personifizierte Böse" ist ihr dagegen misslungen, weder den gemeinen Jungen noch den erwachsenen "bad boy" mit seiner Neigung zu dominantem Sex kann man wirklich ernst nehmen. Anderes, wie die Schilderung des Dorflebens oder der Sinnlosigkeit von Johannas Bloggerinnen-Alltag sind ihr wiederum hervorragend geglückt. In großen Beständen ist der Roman, auch wegen des Riesen-Hypes auf allen Social-Media-Plattformen, sicher gut aufgehoben.