Bournville
Coe erzählt die Geschichte einer weitverzweigten Familie aus einer kleinen Vorstadt von Birmingham: Mittelpunkt ist Mary Lamb, ihr Ehemann Geoffrey und ihre drei Söhne. Die Zehnjährige erlebt die Siegesfeiern bei Kriegsende 1945. Immer wieder versammelt
sich die Familie in wechselnder Zusammensetzung bei großen Ereignissen vor dem Fernseher: bei der Krönung Elizabeth II., bei der Fußballweltmeisterschaft 1966, bei der Hochzeit von Charles und Diana und bei den Trauerfeierlichkeiten für die Prinzessin der Herzen. Der soziale und der politische Wandel spiegeln sich im Schicksal der Protagonisten. Es gibt Tories und Labour-Anhänger. Es geht um die Schokoladen-Fabrik Cadbury, die Zuwanderung aus den früheren britischen Kolonien, um Musik, den Thatcherismus, die EU und den Brexit. Der Roman beginnt mit einer Deutschland-Tournee der Jazzmusikerin Lorna, der Enkelin von Mary Lamb, die wegen der Corona-Pandemie abgebrochen werden muss, arbeitet dann mit Rückblenden, bis sich der Kreis mit den Erlebnissen der Familie während des Lockdowns schließt. Ein bunter Reigen, mitreißend und einfühlsam erzählt, der viel Spaß macht bei der Lektüre.
Marion Sedelmayer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Bournville
Jonathan Coe ; aus dem Englischen von Catharine Hornung und [einer weiteren]
Folio Verlag (2023)
403 Seiten
kt.