Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm
Anna hat einst mit ihrem geliebten Mann Antti die Sommer auf einer Insel in der Ostsee vor der finnischen Küste verbracht. Als Antti bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommt, verliert sie den Boden unter den Füßen. Diesen Schock wird sie nie ganz überwinden. Schon damals, als sie die Insel verließ, um mit Thomas ein neues Leben in London zu beginnen, versuchte sie verzweifelt, ihrem eigenen und ihrem Leben mit Antti nachzuspüren. Auf endlosen Listen schreibt sie einzelne Wörter, visuelle Eindrücke und Begebenheiten, die keinen Zusammenhang erkennen lassen. Nachts wacht sie von Albträumen auf. - Ahava zeichnet realistisch und mit viel Einfühlungsvermögen ihre Protagonistin, die, gefangen in ihrer nie verarbeiteten Trauer um den geliebten Mann einerseits in eine Traumwelt flüchtet und andererseits mit unkontrollierten Spaziergängen vor ihrem Leben flieht. Ein Leben, an das sie sich nur in Form von zusammenhanglos geführten Listen erinnert und das Ahava gekonnt in kurzen prägnanten Sätzen mosaikstückhaft szenisch darstellt. Ein Roman über Erinnern und Vergessen, über Alter und Demenz. Sehr lesenswert. (Übers.: Stefan Moster)
Adelgundis Hovestadt
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm
Selja Ahava
Mare (2014)
224 S.
fest geb.