Mobilmachung
Die 1953 in Linz geborene Schriftstellerin Margit Schreiner fabuliert in ihrer neusten Erzählung über ihre ersten zwei Lebensjahre. Die Ich-Erzählerin berichtet die Ereignisse zunächst als Embryo aus dem Mutterleib und schließlich als Säugling
und Kleinkind. Evolutionstheorien über die Entwicklung der Menschheit fließen hier ebenso ein, wie die kritische Betrachtung der Geschlechterverhältnisse einer bürgerlichen Kleinfamilie in den 1950er Jahren. Komik entsteht durch die altkluge Sichtweise, mit der das Baby seine Eltern und die Geschehnisse begutachtet und bewertet. So kann die kleine Margit zum Beispiel nicht verstehen, warum der Vater als "der Ernährer" der Familie bezeichnet wird, wo er doch noch nie auch nur ein Essen gekocht hat. Lustig, aber auch bezeichnend für die Generation werden die unbeholfenen Versuche des Vaters beschrieben, richtig mit seiner Tochter umzugehen. Die Fantasie der Autorin übersteigt die Realität, etwa wenn das wenige Monate alte Baby am Frühstückstisch die Zeitung mitliest. Angehörige der Boomer-Generation werden bei dieser kleinen Zeitreise vieles wiedererkennen und oft schmunzeln müssen. Nostalgie-Faktor garantiert!
Franziska Knogl
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Mobilmachung
Margit Schreiner
Schöffling & Co. (2023)
188 Seiten
fest geb.