Brüder für immer

Einer der großen niederländischen Erzähler für Kinder- und Jugendbücher hat sich in vorliegender Geschichte von einer großen Familie faszinieren lassen. Quentin und Julian, das Brüderpaar, das im Fokus der Geschichte steht, sind die Söhne der berühmten englischen Malerin Vanessa Bell und die Neffen der Schriftstellerin Virginia Woolf. Der Ich-Erzähler Quentin berichtet über zwölf Jahre seiner Kindheit auf dem Land im legendären Anwesen Charleston, in das seine Mutter mit ihrem homosexuellen Liebhaber und Maler Duncan Grant aus London umgesiedelt ist. Eine unkonventionelle Hausgemeinschaft, in der Künstler, Kunstkritiker und Wissenschaftler der "Bloomsbury Group" in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Heimat finden. Der Vater der Kinder, der Kunstkritiker Clive Bell, lebt in London mit seinen Freundinnen und besucht das Anwesen zumeist am Wochenende. Für Quentin ist der freie Umgang mit Liebe und Beziehungen normal, er kennt es nicht anders; aber im prüden England dieser Zeit gibt es Ablehnung und Unverständnis. Die Eltern versuchen die Kinder zu eigenständigen Denkern und selbstbewussten Menschen zu erziehen, bis eine familiäre Lüge um die Vaterschaft der kleinen Schwester Angelica das gesamte Beziehungsgefüge ins Wanken bringt. Besonders der ältere Bruder Julian ist empört und wendet sich ab, indem er sich freiwillig zum Kampf im Spanischen Bürgerkrieg meldet.- Eine schillernde Geschichte einer besonderen Künstlergeneration, die leider einige historische Fakten der Familie aus- und unvertieft lässt. Dennoch für Leser mit einem Interesse am damaligen England und der faschistischen Entwicklung Europas eine lohnenswerte Lektüre und evtl. ein Anreiz, sich darüber hinaus mit den Schwestern Virginia und Vanessa künstlerisch und literarisch zu beschäftigen. Gerne empfohlen. (Übers.: Birgit Erdmann)