Beben in uns

Der eine liest frühmorgens und nach der Arbeit in der Heiligen Schrift und baut sich ein eigenes Radio, auf dem er 1939 die Meldung vom Kriegsbeginn hört. Der andere ist leidenschaftlicher Zeitungsleser und misst seine Kräfte im Armdrücken. Beide Beben in uns heiraten und bekommen ein Kind, das auf ganz merkwürdige Weise verflucht wird. Vorsehung und Geschichte, blinder Glaube und Gottvertrauen sind die Pole, um die der polnische Schriftsteller Jakub Malecki seinen dritten Roman gebaut hat. Er beginnt mit den schicksalhaften Einschnitten durch den Zweiten Weltkrieg in die mehrfach miteinander verkreuzten Leben von Jan Labendowicz und Bronek Gelda und begleitet die Familien generationenübergreifend durch siebzig Jahre: durch die Nachkriegszeit, die Zeit der Volksrepublik Polen und die demokratische Wende. Es geht um Feldarbeit und feine Restaurants, um Tierquälerei und böse Märchen, um Liebe und Mord, ein Kaleidoskop dessen, was die Menschen im Krieg machen und was der Krieg mit den Menschen macht. Am Ende begegnet Jans Enkel in Posen einer Gelegenheitsprostituierten, die ihm erzählt, wie sie die Grenze ihres Körpers zur Welt im Meditieren vergisst: eine magdalenenhafte Figur, von der aber auch keine Rettung kommt. Ein robuster Roman über drei Generationen aus der polnischen Provinz.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Beben in uns

Beben in uns

Jakub Malecki ; aus dem Polnischen übersetzt von Joanne Manc
Secession Verlag (2023)

359 Seiten : Illustrationen
fest geb.

MedienNr.: 617139
ISBN 978-3-96639-074-3
9783966390743
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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