Still

Jettenbrunn ist ein kleiner Ort am Fuße eines Kalvarienberges. Hier kennt jeder jeden, weiß um dessen Macken und Vorlieben. In diese scheinbare Idylle wird dem Ehepaar Heidemann ein Knabe geboren, genannt Karl. Karl ist ein Schreikind und bringt Still seine Mutter damit an den Rand des Wahnsinns. Als Karls Vater entdeckt, dass der Junge in der Isoliertheit der Aufzugkabine schweigt, zieht er den richtigen Schluss, sein Sohn ist "überhörig" und wird von jedem Geräusch überflutet. Tatkräftig baut Vater Heidemann deshalb den Keller seines Bungalows zu einer schalldichten Welt um, in der das Kind ungestört aufwachsen kann. Allerdings ist er damit auch völlig isoliert von der Umwelt, denn auch der Schulunterricht findet zu Hause statt. Als Erwachsener kann Karl die Reaktionen seiner Umwelt nicht einschätzen, er reagiert anarchisch und kommt zum Schluss, dass nur die ewige Stille - also der Tod - Ruhe und Frieden bringen. Als junger Mann verlässt Karl nach dem Mord an seinen Großeltern den kleinen Ort und findet nach einer Odyssee Zuflucht in einem Kloster. Doch seine selbstgewählte Bestimmung als heilsbringender Todesengel gibt er nicht auf, bis er selbst zur Ruhe findet. Der Roman erinnert in seinem Stil an die Erzählungen Patrick Süskinds und scheint in der Thematik am Anfang angelehnt an Schneiders "Schlafes Bruder" zu sein. Durch die langen gedrechselten Sätzen dauert es eine Weile, bis der Hörer den Sinn der Geschichte erfasst und der eigenständige Stil von Raab zu erkennen ist. Es ist Frank Arnolds sprecherischem Vermögen zu verdanken, dass das Hörbuch spannend bleibt und den Hörer bis zu letzten Minuten fesselt. Für Büchereien mit anspruchsvoller Hörerschaft und etwas größerem Hörbuchbestand geeignet.

Günther Freund

Günther Freund

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Still

Still

Thomas Raab
Droemer (2015)

357 S.
fest geb.

MedienNr.: 578335
ISBN 978-3-426-19956-5
9783426199565
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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