Schach unter dem Vulkan
Der immer noch als erfolgreich geltende Schriftsteller Franz Lunde befindet sich in einer veritablen Schaffenskrise. Hinzu kommt, dass er sich auf eine recht unheimliche Weise bedroht fühlt. Bei seinen Lesereisen taucht immer wieder eine ihm unbekannte Person auf, die ihn indirekt beschuldigt, ein von ihm geschildertes perfektes Verbrechen tatsächlich begangen zu haben. Von seiner Verlegerin gedrängt, beginnt er einen Roman zu schreiben, der ohne Zweifel autobiografische Züge trägt, und der Inspektor Barbarotti nach Lundes rätselhaftem Verschwinden beschäftigt. Zwei Monate später verschwindet die Lyrikerin Maria Green auf eine genauso rätselhafte Weise (auch sie befand sich in einem Hotel, war auf Lesereise, fühlte sich verfolgt und hinterließ ein autobiografisches Fragment). Als einige Monate später der bekannte Literaturkritiker Jack Walde vermisst wird, werden Zusammenhänge greifbarer. Aber erst durch einen Zufall kann der Fall letztendlich aufgeklärt werden. - Håkan Nesser gelingt es in diesem Roman nicht wirklich, die aufgebaute Spannung zu halten und fortzuführen. Sicher gibt es einige fesselnde Erzählstränge, insgesamt aber plätschert die Handlung recht zäh dahin. Die Dialoge, die sich mitunter auch auf die Corona-Situation beziehen, wollen nicht so recht zünden, und Barbarottis Beziehung zu seiner (Lebens-) Partnerin Eva wird merkwürdig flach geschildert. Dennoch mögen viele dieses Buch gern lesen bzw. ausleihen, vor allem weil der Autor als Garant für psychologisch gute Kriminalliteratur gilt (zul. "Barbarotti und der schwermütige Busfahrer", BP/mp 21/391) und weil der von einer gewissen Melancholie und ganz eigenen Religiosität geprägte Kommissar schon so manchem ans Herz gewachsen ist.
Barbara Nüsgen-Schäfer
rezensiert für den Borromäusverein.
Schach unter dem Vulkan
Håkan Nesser ; aus dem Schwedischen von Paul Berf
btb (2021)
427 Seiten
fest geb.