Der Tanz der Frauen
Die Autorin fand den Stoff für ihren Roman bei John Wallers Werken "Dancing Plague" bzw. "A time to dance, a time to die". Diese berichten über ein Phänomen des Mittelalters ab Juli 1518, einer Hitzeperiode, als eine Frau Troffea anfing, auf dem
Marktplatz hingebungsvoll zu tanzen und täglich 15 Leute jeglichen Geschlechts und Alter dazukamen. Bei Hargrave sind es nur Frauen, deren Menge von Woche zu Woche immens anwächst. Ausdrucksstark und fantasievoll wecken ihre Zeilen die Vorstellungskraft der Leserschaft zum Geschehen, Geräuschen, Gerüchen, Krankheiten, Sterblichkeit und Grausamkeit. Diese mittelalterliche Tanzwut bezeichnen Wissenschaftler als psychogenes Phänomen im Sinne einer Massenhysterie. Der Klerus sah darin einen teuflischen, heidnischen Ritus als Beweis weiblicher Sündhaftigkeit. Geschundene Frauen beginnen öffentlich zu tanzen gegen jede Belastung ihrer Seelen: der leidvolle Alltag mit Unterwürfigkeit, Not, Krankheiten, Fehlgeburten und hoher Mütter- und Kindersterblichkeit. Doch durch die Perpetuierung des Tanzens wird das Vergnügen zum Zwang und zur unerträglichen Qual. Romanfiguren symbolisieren Themen wie Intoleranz, Macht, Brutalität, Homosexualität, Fremdenhass und Fanatismus. 380 Buchseiten, spannend gefüllt mit Schicksalen starker, tapferer, fleißiger, edelmütiger und gegen männliche Dominanz nie aufgebender Frauen. Die wichtigsten sind Lisbeth, Ida, Agnethe, Sophey und das Mädchen Ilse, die fortgesetzt schlimmste Verletzungen, Demütigungen und gefährliche Situationen überleben. Für alle Bestände geeignet.
Gudrun Schüler
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der Tanz der Frauen
Kiran Millwood Hargrave ; aus dem Englischen von Stefanie Fahrner
Diana Verlag (2023)
381 Seiten
fest geb.